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Pressebericht vom 15.05.2010

Tierquäler-Fall: Polizei beobachtet Selbstjustiz-Kommentare
Von Adrian Hoffmann

Sinsheim/Walldorf - Der abscheuliche Fall einer Tierquälerei, der Ende April in Zuzenhausen sein Ende nahm, hat über die Region hinaus für Aufsehen gesorgt (wir berichteten). Am Dienstag teilte die Polizei mit, was viele gehofft hatten: Der Halter des verwahrlosten ungarischen Hütehunds ist ermittelt.
Die Diensthundeführerstaffel der Polizeidirektion Heidelberg mit Sitz in Walldorf kam ihm in den vergangenen Tagen auf die Spur. Zum Wohnort, Alter und anderen Hintergründen machte die Polizei allerdings keine Angaben. Man habe sich dazu entschieden, keinerlei Information zu vermelden, „die auch nur irgendeinen Hinweis auf die Identifizierung“ des Mannes geben könnte, sagt Harald Kurzer, Sprecher der Heidelberger Polizei.
Die Polizei hatte gehofft, bei einer Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten am Dienstag Beweismitteln zu finden − dem war aber nicht so. Der Mann räumte nach Angaben der Polizei aber auf Vorhalt ein, Halter des Hundes gewesen zu sein. Nach Abschluss der Ermittlungen werden er sowie alle erwachsenen Familienmitglieder wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz bei der Staatsanwaltschaft Heidelberg angezeigt. Sie alle hätten − so der Vorwurf − die Möglichkeit gehabt, das Leid des Tieres zu beenden, ohne jedoch etwas unternommen zu haben.

Internet-Kommentare
Unterdessen bleibt die Anteilnahme im Internet auf den Tierquäler-Fall riesig groß − geht nun aber teilweise in eine gefährliche Richtung: Selbst Vorschläge zu Selbstjustiz finden sich online. „Wir beobachten das sehr genau“, sagt Harald Kurzer auf Anfrage von stimme.de.
Kurzer spricht von einem „wilden Internet-Ballyhoo“. Einige Beiträge wurden sogar von Forenbetreibern selbst entfernt. Es sei teilweise sehr grenzwertig, allerdings geht die Polizei davon aus, dass es bei verbalen Wutausbrüchen bleibt. „Im Klartext“, so Harald Kurzer: Es sei kein Personenschutz für den Hundehalter veranlasst worden.
Im Internet gibt es mittlerweile Petitionsaufrufe, einen virtuellen Gedenkstein für Joshi − und sogar erste Planungen, eine „Mahnwache“ in Zuzenhausen abzuhalten. Die Resonanz flacht nicht ab. Petra Zipp vom Bund gegen Missbrauch der Tiere (bmt) mit Sitz in München sieht das positiv. Es sei zwar eine Zeiterscheinung, dass sich die Menschen so sehr für Einzelschicksale interessierten − aber grundsätzlich gehe es darum, in solchen Situation aufmerksam zu werden. Hätte jemand die Misshandlung früher gemeldet, „hätte man dem Tier vielleicht noch helfen können“.
Vielen falle der Schritt schwer, sich beim zuständigen Veterinäramt zu melden. „Das können die Bürger, tun sie aber nicht“, so Zipp. Oftmals wollten sie nachbarschaftliche Beziehungen nicht aufs Spiel setzen. Petra Zipp fordert zu mehr Mut auf, es bedürfe hier an Zivilcourage. Man könne sich zunächst auch an den örtlichen Tierschutzverein wenden, der wiederum die Behörde kontaktiert. Die Dunkelziffer an misshandelten Hunden sei „überdurchschnittlich hoch“, sagt die stellvertretende Bundesvorsitzende des bmt. Wie so oft spiele beim Tierschutz leider der „Sparfaktor“ eine Rolle, Veterinärämter seien unterbesetzt.
Zipp sieht im Fall Joshi zwei Straftatbestände gegeben: zum einen die Vernachlässigung, zum anderen das Aussetzen des Tieres. Was der Halter des Hundes letztlich an Strafe zu befürchten hat, kann auch sie nicht abschätzen. „Es sollten mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen möglich sein, gegen solche Tierquäler vorzugehen. “ Allerdings sehe die Realität oft so aus, dass „der Strafrahmen nicht ausgeschöpft“ werde. Nur selten würden wegen Tierquälerei Freiheitsstrafen verhängt. Dass Joshi über Jahre hinweg Schmerzen erlitten haben muss, ist aus Sicht von Tierärztin Höpfner eindeutig: „Definitiv.“ Bis ein Hund einen solchen Zustand erreicht habe, müsse viel Zeit vergehen.
Den Fall Joshi betrachten viele Menschen sehr emotional − und dabei droht ein wenig unterzugehen, was andernorts mit Tieren geschieht. „Das ist eben nicht so greifbar“, sagt Petra Zipp vom bmt. Sie setzt sich derzeit für Straßenhunde in Rumänien ein. Ein Gesetzesentwurf zum Umgang mit ihnen beschäftigt dort die Öffentlichkeit. Eine Massentötung soll die Lösung für die Überpopulation der Hunde sein. Tierschützer wehren sich vehement. „Das Töten der Hunde ist ein Geschäft“, so Zipp. „Da kann man wenig mit Vernunft argumentieren.“ Ein stringentes Kastrationsprogramm sei ein Weg aus der Hunde-Überpopulation − das aber wolle man nicht hören.

Anteilnahme
Im Internet wird der Fall seit Anfang der Woche heftig diskutiert. Im Netzwerk Wer-Kennt-Wen gründete sich eine Gruppe, die bereits mehr als 10.000 Mitglieder hat. Auf Youtube steht ein Video mit Fotos von Joshi, wie ihn das Tierheim nannte − es wurde bereits mehr als 30.000 Mal angeschaut.
Gaby Strobel-Maus bedankt sich auf der Webseite des Sinsheimer Tierheims für die große Resonanz. „Wir können gar nicht alle Mails beantworten“, sagt sie. Mittlerweile würden sogar Unterschriften gesammelt, dass der Halter des Hundes eine „gerechte“ Strafe bekomme. Außerdem wolle eine Tierfreundin die Tierbestattung für den Hund bezahlen. Wie viele andere befürchtete Gaby Strobel-Maus, dass der Hundehalter mit einer Geldstrafe davonkommen könnte. Das Wichtigste wäre ihr allerdings ein Tierhalteverbot.

Tierhalteverbot
Ein Tierhalteverbot für den Mann, dem der Hund gehörte, wird momentan geprüft. Das sagte Berno Müller, Sprecher des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis, auf Anfrage von stimme.de. Man warte hier das Ergebnis der parallel laufenden Ermittlungen gegen den Hundehalter ab. Ein Tierhalteverbot richte sich zunächst grundsätzlich nur gegen eine Person, den Halter. Es könne aber auch auf das Umfeld einer Person ausgeweitet werden, sagte Müller weiter.

Außergewöhnlicher Fall
Auch für Tierärztin Isabel Höpfner in Heidelberg-Ziegelhausen war der Fall Joshi mehr als außergewöhnlich, obwohl sie zwei Tierheime betreut. „Der Hund war überhaupt nicht handhabbar“, sagte sie gegenüber stimme.de. Wenn sich ihm Menschen näherten, habe er sofort zu beißen versucht. „Verständlich“, so Höpfner.
Sie habe ihn schweren Herzens eingeschläfert, selbst eine Pflegestelle hatte sie bereits organisiert. „Ich wollte ihm wenigstens eine Chance geben“, sagt sie. Aber nachdem sich sein Zustand nicht besserte, entschied sie sich für den ihrer Ansicht nach einzig richtigen Weg − im Sinne des Tierschutzes. Den Hund in Narkose zu scheren, war auch für sie kein Routinejob. „Mir tat der Hund in dem Moment sehr leid.“
Für Höpfner steht fest, dass der ungarische Hütehund nicht nur über Wochen oder Monate hinweg gequält wurde und Schmerzen erleiden musste, sondern über Jahre. „Definitiv.“ Bis ein Hund einen solchen Zustand erreicht habe wie Joshi, müsse so viel Zeit vergehen.
Tierärztin Höpfner kritisiert wie viele andere auch, dass die Strafen für derartige Tierquälereien oft „viel zu milde“ ausfielen. Vor allem in Internetforen wird eine hohe Strafe für den inzwischen ermittelten Halter gefordert. Ein Tierhalteverbot sieht Höpfner als zwingend notwendig − die Frage könnte nur sein: Bekommt nur der Halter ein solches Verbot oder die ganze Familie, in der der Hund lebte?
„Letztendlich sind das kranke Leute“, sagt Höpfner über Menschen, die Hunde derart halten. Sie finde, in solchen Fällen wäre grundsätzlich eine frühere Reaktion von Nachbarn hilfreich.

Freiheits- oder Geldstrafe
Tierquälerei ist in Deutschland strafbar. Nach dem Tierschutzgesetz wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder einem Wirbeltier entweder aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt. Handelt es sich dabei um ein fremdes Tier, kann die Tat außerdem als Sachbeschädigung strafbar sein. Juristen gehen davon aus, dass der Mann in diesem Fall eine Geldstrafe zu erwarten hat und schätzen es als unrealistisch ein, dass ein Gericht hierfür eine Freiheitsstrafe verhängen würde.
Wie berichtet wurde der Hund am 28. April im Allmendweg in Zuzenhausen, Rhein-Neckar-Kreis, von einem ausgesetzt. Der Hund musste offensichtlich über Wochen, wahrscheinlicher über Monate oder Jahre, Schmerzen erleiden.

Hund von seinen Leiden erlöst
Er ist möglicherweise aus einem Auto geworfen worden. Anwohner hörten um 6 Uhr morgens lautes Gejaule und fanden anschließend den Hund auf der Straße liegend. Der Allmendweg ist unweit der Bundesstraße 45. Der Rüde − schätzungsweise acht bis zehn Jahre alt − hatte eine große, ältere Wunde an einem Oberschenkel, sein Schwanz war gebrochen. Der Hund sei nicht mehr in der Lage gewesen, aufzustehen.
„Wir durften ihn nicht länger leiden lassen und mussten ihn erlösen“, sagt Gaby Strobel-Maus, Leiterin des Sinsheimer Tierheims, letzten Freitag auf Anfrage von stimme.de. Eine Tierärztin schläferte ihn daraufhin ein. Quelle: www.stimme.de

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